Zu: „Amazon verliert Klagen gegen Verdi“, vom 6. August
Schön, dass es ein Bundesverfassungsgericht gibt, welches dem Internet Grenzen aufzeigt. Es geht um das Versammlungsrecht, die sogenannte Koalitionsfreiheit, worauf sich die Gewerkschaft Verdi beruft. Mir geht das Urteil nicht weit genug.
Denn der Plattformkapitalismus schafft auch bei uns Fakten. Die Innenstädte veröden, der Handel vor Ort ist rückläufig, Leerstände bei Immobilien steigen. Und unsere Presse verweigert uns die kritische Zusammenschau, lässt die Bevölkerung im Kampf gegen das Großkapital allein. Das alles kann geschehen, weil wir unseren Funktionseliten, Banken und Wirtschaftsinstitutionen gestatten, dass sie dem Kapital und seinem globalen Wettbewerbsprinzip eine krankhafte Bedeutung beimessen, die sie einer Arbeitsleistung des Einzelnen verweigern! Es wird Zeit, dass wir als Konsumenten und Endverbraucher aus unserer schönen, neuen Internet-Shoppingwelt aufwachen und uns dem Kulturzusammenbruch in unseren Dörfern und Städten stellen.
Mag der Einzelne im täglichen Kampf ums Dasein aus Zeitgründen auch den Internet-Einkauf dem Einkauf in der eigenen City vorziehen, bleibt doch der Vorwurf der Bequemlichkeit. Eine Gesellschaft, die beflügelt durch den globalen Push in einer Endlosschleife eine neue Event-Kultur entwickelt, sollte die Corona-Pandemie als Weckruf begreifen. Ein großes Innehalten in Politik, Kultur- und Umweltzerstörung ist dringend angesagt. Wer, wenn nicht wir, jeder Einzelne als Verbraucher, Wähler und Bürger, müssen den Wachstumswahn endlich angehen. Wir sollten nicht gleich den Rückwärtsgang einlegen, aber eine Zusammenschau, wie Ursache und Wirkungen in einer hochkomplexen Gesellschaft zusammenhängen, sollten wir uns sofort leisten. Und um unserer Demokratie und Kinder willen sollten wir dies von jedem Uneinsichtigen einfordern.