Zu: „Die Pflegereform kommt“, vom 6. April
Es ist richtig und überfällig, die Leistungen der Pflegeversicherung zu erhöhen. Indes gibt es bei allem Lob auch kritische Punkte: Namentlich bei der Geldleistung für Pflege zu Hause, dem sogenannten Pflegegeld. Es wird nach der Erhöhung ab 1. Januar 2024 in den gängigsten Pflegegraden 2 und 3 monatlich 332 beziehungsweise 573 Euro betragen. In den meisten Fällen ein notwendiger und nicht einmal ausreichender Betrag, um selbst beschaffte Pflegepersonen zu entschädigen. Dennoch: In nicht ganz wenigen Fällen ist er eher eine willkommene steuerfreie Einkommensergänzung. Geld, das gar nicht für Pflege verwendet wird. Um nicht missverstanden zu werden: Es soll keineswegs einem generellen Leistungsmissbrauch das Wort geredet werden. Aber es gibt sie eben, die Fehlverteilung der von uns Beitragszahlenden erarbeiteten Beiträge. Und wie immer bei Geldzuwendungen in der Sozialversicherung, ist die Verteilungsgerechtigkeit oberstes Gebot. Denn: Neid ist ein schlechter Ratgeber und ein gesellschaftlicher Spaltpilz! Eine gerechte Verteilung setzt eine professionelle, gründliche Begutachtung der Gesundheits- und Pflegesituation des Einzelfalles voraus. Dies ist die Aufgabe der Mitarbeitenden des Medizinischen Dienstes. Sie suchen im Auftrag der Pflegekasse die Pflegebedürftigen zu Hause auf und stellen detailliert den Pflegebedarf und damit den Pflegegrad fest.
Leider musste in den Corona-Jahren wegen der Infektionsgefahr meist auf den Hausbesuch verzichtet werden. Stattdessen erfolgte eine telefonische Begutachtung. Die Hausbesuche wurden in der Regel auch nicht nachgeholt. Aber kann es denn angehen, dass eine Geldleistung auf Lebenszeit in Höhe einer kleinen Rente aufgrund eines Telefonats gewährt wird? Neben der Pflegereform ab 2024 bedarf es also auch einer kleinen Begutachtungsreform: Hausbesuche möglichst nachholen und auch wieder den hausärztlichen Sachverstand im Vorfeld einbeziehen. Denn: Hausärzte kennen ihre Patienten am besten.