Pro und contra bei Bürgerversammlung zum historisch-topografischen Informationssystem Bückeberg

Was ist das Gedenken wert?

„Viel zu dick aufgetragen und zu teuer“, meinen Kurt Schriegel und sein Sohn Timo. Foto: eaw

„Viel zu dick aufgetragen und zu teuer“, meinen Kurt Schriegel und sein Sohn Timo. Foto: eaw

„Viel zu dick aufgetragen und zu teuer.“ Kurt Schriegel und sein Sohn Timo nehmen kein Blatt vor den Mund. Und auch Ernst Nitschke stimmt zu. „Vollkommen überzogen. Ein kleines Hinweisschild reicht. Die Exponate dann ins Museum, welches auch immer. Erinnerungskultur ist eine Sache, die jeder für sich machen kann.“

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Wie soll das Gedenken an die großen Propaganda-Shows der Reichserntedankfeste der Nationalsozialisten auf dem Bückeberg vor Ort gestaltet werden? So die Fragestellung der Bürgerinformations-Veranstaltung in der fast voll besetzten Emmerthaler Kultur(n)halle.

Unter der Moderation von Bürgermeister Andreas Grossmann stellten Bernhard Gelderblom und dessen Arbeitsgruppe „Dokumentation Bückeberg“ des Vereins für regionale Kultur- und Zeitgeschichte zusammen mit Dr. Rolf Keller von der Stiftung niedersächsischer Gedenkstätten aus Celle und Landrat Tjark Bartels das Siegerkonzept des Wettbewerbs vor.

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„Eine niederschwellige, sensible und geländeangepasste Form, die den Berg nicht dominiert“, fasste Gelderblom zusammen. Ein Wegenetzwerk soll den Hang erschließen. „Man ergeht ihn und nähert sich so einem Ort, an dem die Diktatur eine Massenbasis bekam“, erklärte Gelderblom.

„Die Menschen sind Hitler in schrecklicher Weise auf den Leim gegangen und der Ort war hier“, so der Historiker als Fazit seiner ausführlichen Erläuterungen des „Dokumentations- und Lernortes Bückeberg“.

Die sich anschließende Diskussion reichte dann von überaus unsachlichen Beiträgen („Gelderblom will sich ein Denkmal setzen“), über Detailaspekte wie einzelne Gestaltungselemente bis zum wiederholten Appell des Landrates an die gemeinsame Verantwortung in Sachen Gedenkkultur.

Kurz vor einem Tumult stand die Versammlung allerdings, als Bartels befürchtete Auswirkungen auf die Emmerthaler Kreisumlage und die Diskussion über zwei Toilettenhäuschen als „erbärmlich“ bezeichnete.

„450 000 Euro für so was, das ist Verschwendung von Steuergeldern“, erregte sich ein Teilnehmer. „Kommen Sie doch nicht immer mit dem Totschlagargument von der geschichtlichen Verantwortung.“ „Völlig unangemessener Aufwand“, so auch Bernd Ulrich Timm. „Alles nicht zielführend, überdimensioniert.“

Wenn es sich um eine Stätte von übergeordneter, nationaler Bedeutung handele, dann sollten auch Bund und Land entsprechende Beiträge leisten, argumentierten Irmgard und Jürgen Lohmann.

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Was ist uns das Gedenken wert? Darauf konzentrierte sich die Diskussion. „Emmerthal braucht nichts zu zahlen“ versicherte Grossmann. „Doch, über die Kreisumlage“, kam's wieder aus dem Publikum. Kein leichter Stand für Bartels, Grossmann und Gelderbloms Arbeitsgruppe. Es sei ja noch nichts beschlossen, alles sei offen, so einige Teilnehmer. „Es ist entschieden“, so dagegen Gelderblom mit dem Hinweis auf die Zusagen des Landes.

Kostenschätzungen liegen derzeit bei 60 000 Euro für den Landkreis bei einem Gesamtvolumen des Projektes von mindestens 450 000 Euro. „Das ist nicht viel“, so Gelderblom, der damit laute Proteste verursachte. Man schaue in dieser sehr frühen Phase der Bürgerbeteiligung finanziell „erst einmal in den Topf“, stellte Bartels fest. Natürlich werde es noch finanzielle Steigerungen geben und auch die Folgekosten müssten einkalkuliert werden.

„Alles dreht sich hier ums Geld, beschämend“, kommentierte eine Besucherin den Diskussionsverlauf. „Hier geht's scheinbar nur darum, wer zahlt was? Und nicht um die Inhalte.“

Und so reichte die Diskussion dann hin bis zur Frage, wer denn eigentlich das Gehalt des Geschäftsführers der geplanten eGmbH zahlen werde. „Das ist ein politisch breit getragener Wille“ bekräftigte Bartels die Entschlossenheit des Landkreises zur Realisierung des Projektes. Auch wenn die unterschwellige Stimmung der Versammlung eher ablehnend blieb. Emmerthal tut sich spürbar schwer mit seinem historischen Erbe. Auch wenn die Kosten dafür hauptsächlich andere zahlen.

DEWEZET

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