Schon immer ein Teil von Hameln

Ausstellung im Münster richtet Blick auf jüdische Geschichte der Stadt

Die Hamelner Synagoge aus dem 19. Jahrhundert wurde am 9. November 1938 zerstört. Foto: Archiv/dpa

Die Hamelner Synagoge aus dem 19. Jahrhundert wurde am 9. November 1938 zerstört. Foto: Archiv/dpa

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In Hameln leben Menschen jüdischen Glaubens seit dem 13. Jahrhundert, seit fast 800 Jahren also. „Ab Stadtgründung“, sagt Gelderblom. Der älteste Beleg für Juden in der um 1200 gegründeten Stadt stammt aus dem Jahr 1277. Ein vielfältiges Geflecht von Beziehungen zwischen Juden und Christen habe sich über die Jahrhunderte entwickelt. Gelderblom spricht von langen Phasen „geglückter Normalität“.

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800 Jahre aufzubereiten, verlangt einiges an Platz. Münster-Pastor Markus Lesinksi gab den Anstoß, das Themenjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ lieferte den Anlass. Die 25 Tafeln werden jetzt in der Kirche platziert und können dort vom 2. November an täglich besichtigt werden.

Die Einweihung der neuen Synagoge an selber Stelle fand im Februar 2011 bundesweit Beachtung. Foto: Archiv/dpa

Die Einweihung der neuen Synagoge an selber Stelle fand im Februar 2011 bundesweit Beachtung. Foto: Archiv/dpa

Dabei ist auf den Tafeln nicht nur Kirchenfreundliches zu lesen: Die historische Judenfeindschaft der evangelischen Kirche wird deutlich thematisiert. Vor allem aber bekommt das jüdische Leben in Gelderbloms Ausstellung Gesichter: Natürlich taucht Glückel Hameln auf, ihre Memoiren aus dem 17. Jahrhundert als „die erste erhaltene Autobiografie einer emanzipierten Frau und eine wertvolle Quelle zur Erforschung der jüdischen Geschichte und Kultur“, wie es im Ausstellungstext heißt. Aber auch etwa vom Lehrer und Kantor Josua Leszynsk wird aus dem 19. Jahrhundert berichtet. Von jüdischen Freiwilligen im Ersten Weltkrieg, vom Musikalienhändler Oppenheimer.

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Dann der brutale Bruch: Von anfänglicher „Ungläubigkeit“ gerade älterer Jüdinnen und Juden angesichts dessen, was die Nationalsozialisten da androhten, spricht Gelderblom. Wie sollte ein langes Miteinander so enden? Doch es endete: Am 9. November 1938 setzten SA-Männer, unterstützt von der Feuerwehr, die Synagoge in Brand. „Nimmt man die Menschen, die in Hameln geboren wurden oder Hameln als Wohnsitz nahmen, zusammen, so kommt man auf 118 Ermordete“, heißt es in der Ausstellung als Bilanz der NS-Jahre.

Seit den 90er Jahren existiert wieder jüdisches Gemeindeleben in Hameln. Die neue Synagoge wurde 2011 eingeweiht. Die dort beheimatete Liberale Jüdische Gemeinde und auch die orthodoxe Jüdische Kultusgemeinde stellen sich auf Infotafeln selbst vor. Schülerinnen und Schüler der Elisabeth-Selbert-Schule werden Schulklassen durch die Ausstellung führen (Anmeldung unter anne.frank@ess-hameln.de). Dabei wollen sie auch Stolpersteine einbinden, die an Opfer des Nationalsozialismus erinnern.


Info: Ausstellung „800 Jahre jüdisches Leben in Hameln“, Münster St. Bonifatius, Dienstag, 2. November, bis Dienstag, 7. Dezember. Eröffnung am 2. November um 17.30 Uhr, danach täglich von 10 bis 17 Uhr, offene Führung donnerstags um 17 Uhr. Es gilt die 3G-Regel. Um das Tragen einer medizinischen oder FFP2-Maske wird gebeten.

DEWEZET

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