Mit 78 ist Schluss mit Politik und Vereinen: Glück auf, Walter Kramer
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/CCBYZ237AA6B5BD4FZAA663Z5A.jpg)
Der Erhalt des Dorfgemeinschaftshauses war ein großer Eckpunkt und eine Herzensangelegenheit während seiner 29-jährigen Tätigkeit als Ortsbürgermeister. Foto: sto
Wenn er Buch geführt und die Stunden aufgeschrieben hätte, die er nahezu täglich in sein ehrenamtliches Engagement investiert hatte, wäre sicherlich eine umfangreiche Sammlung entstanden. Klar, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, denn Gespräche am Gartenzaun, beim Einkaufen in „Neujahrs Lädchen“ oder am Stammtisch von Rosi und „Freech Gust“ im Deutschen Haus hätte Walter Kramer vermutlich nicht mitgezählt. Auch nicht die unzähligen Stunden am Schreibtisch im heimischen Büro und sicherlich auch nicht die vielen Telefonate mit der Bitte: „Du, Walter, kannste mir mal sagen, was es Neues gibt?“ Wer Fragen hatte zum politischen Geschehen im Bergort oder wissen wollte, warum Herr A mit Herrn B im Clinch liegt, rief bei dem einstigen Ortsbürgermeister an, denn der wusste alles.
Allerdings verriet er nicht alles, denn eine Plaudertasche war er nicht. Über politische Interna oder Vereinsquerelen schwieg er sich aus. Nun könnte der 78-Jährige sein Zahlenwerk, hätte er es denn geführt, zuklappen, denn nach 45 Jahren hat sich Walter Kramer von der politischen Arbeit zurückgezogen. In der Aula der Schule am Kanstein in Salzhemmendorf hat das SPD-Urgestein seine politische Laufbahn mit einer Ehrung durch Gemeindebürgermeister Clemens Pommerening beendet (wie die Dewezet kürzlich berichtete).
Seine politische Arbeit habe ihm sehr viel Freude bereitet. „Es hat sich gelohnt“, bringt Kramer sein Wirken kurz und bündig auf den Punkt. Besonders engagiert habe er sich für Osterwald, seinem Heimatort, in dem er seit 1945 wohnt. Geboren wurde Kramer 1943 in Braunschweig. Nach Rückkehr des Vaters aus dem Krieg ist die Familie nach Osterwald ins Elternhaus seines Vaters gezogen. Sein Vater arbeitete zunächst als Bergwerkstischler in dem damals noch bestehenden Bergwerk, später dann in der Tonverarbeitung bei Otavi in Osterwald. Walter Kramer selbst absolvierte nach seiner Schulzeit eine Lehre als Stahlbauschlosser. Nach Weiterbildung und der Bundeswehrzeit studierte er Maschinenbau und Betriebswirtschaft und wurde technischer Betriebswirt. 1970 trat er der SPD bei, drei Jahre später wurde er Mitglied im Ortsrat Osterwald. Von 1982 bis 2011 fungierte er 29 Jahre und neun Monate als Ortsbürgermeister von Osterwald.
Zu den großen Eckpunkten seines Wirkens gehören die Gründung des Spielkreises, dem heutigen Kindergarten „Glück auf“, der Straßen- und Kanalbau, das Dorfgemeinschaftshaus, der Kampf um den Erhalt des örtlichen Schwimmbades und die damit verbundene Gründung des Waldbadvereins, die Mitgestaltung im Arbeitskreis „Unser Dorf hat Zukunft“, seine seine Initiative für das Baugebiet „Rischkamp“ und die Pflege der Partnerschaften mit Arcen, Velden, Lomm in den Niederlanden sowie mit Benneckenstein, um nur einiges zu nennen. Zu seinem Nachfolger als Ortsbürgermeister war Torsten Hofer gewählt worden. Auf Ratsbeschluss wurde Kramer durch den damaligen Gemeindebürgermeister Martin Kempe zum „Ehrenortsbürgermeister“ ernannt. 2015 erhielt der Osterwalder Kommunalpolitiker das Bundesverdienstkreuz.
Auch im Gemeinderat war Kramer viele Jahre tätig, von 1993 bis 2001 fungierte er darüber hinaus als Bürgermeister des Fleckens Salzhemmendorf. Er war langjähriger Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion und Kreistagsabgeordneter im Landkreis Hameln-Pyrmont. Die Liste seiner politischen Tätigkeit könnte noch fortgesetzt werden, aber nun zu seiner Vereinsarbeit.
Kramer war von der Gründung des Waldbadvereins Osterwald 1997 bis vor wenigen Wochen Vorsitzender dieses Vereins, der nun von Jens Gue geleitet wird. Darüber hinaus fungierte Kramer als Geschäftsführer der Rudolf-Hartung-Stiftung, Osterwald, und war Mitbegründer des Vereins zur Förderung des Bergmannswesens Osterwald, um wieder nur einige Tätigkeiten zu nennen.
Obwohl er nun seine Ämter niedergelegt hat, möchte Kramer, der seit 1967 verheiratet ist, doch noch ein Projekt verwirklichen – die Sanierung des maroden Juliusbrunnens in Osterwald.
DEWEZET