Verlernt hat der Linkshänder das Handballspielen zwar nicht, doch den Ball konnte er im Reich der Mitte nicht ein einziges Mal in die Hand nehmen. Allein im Sportstudio hielt sich Knoke fit. „Ich habe in der 20. Etage eines riesigen Wohnkomplexes im Zentrum Shanghais gewohnt. Da gab es in der Nähe sogar ein Fitnessstudio mit hohem Niveau“, freute er sich. „Doch regelmäßig trainieren konnte ich dort auch nicht.“ Dafür war der inzwischen 37-jährige Handballer mit Gardemaß, der in der Saison 1995/96 auch neunmal das Bundesliga-Trikot des VfL Hameln überstreifte und spannende Europapokal-Einsätze in Szeged und Wien miterlebte, beruflich zu sehr eingespannt. Weit vor den Toren einer Stadt mit fast 20 Millionen Einwohnern und krassen Gegensätzen – hier ragen die Wolkenkratzer dicht neben kleinen primitiven Wohnhütten ohne fließend Wasser hoch in den Himmel. 70 Kilometer vor den Toren Shanghais arbeitete Knoke für seinen Groß Berkeler Arbeitgeber am Aufbau einer hochmodernen Fertigungsstätte für den chinesischen Markt kräftig mit.
Dennoch hat er den Kontakt zum Handballsport in China nicht verloren. Bei den Olympischen Spielen 2008 war er in Peking sogar live dabei. Die Spiele hat er in allerbester Erinnerung: „Da hat mich mein alter Kumpel Vincent Voigt besucht. Mit ihm habe ich mir das Handballfinale der Frauen angeschaut.“ Für Lars Knoke waren die Spiele in Chinas Hauptstadt vor allem ein Medienspektakel der besonderen Art: „Alle chinesischen Sender berichteten Tag und Nacht über die Ereignisse der Olympiade.“ In den drei Jahren konnte ihm seine zwischenzeitliche „zweite Heimat“ sportlich eine ganze Menge weiterer Ereignisse bieten.
„Klar, dass ich mir 2007 auch den 2:0-Sieg der deutschen Fußballfrauen im Weltmeisterschaftsfinale gegen Brasilien angeschaut habe.“ In nicht ganz so guter Erinnerung hat er allerdings das Formel-1-Rennen in Shanghai: „Das fand zwar vor der Haustür statt, aber da hat es in Strömen geregnet.“
Seit Anfang Juni ist das Thema China beruflich für Knoke erst einmal abgeschlossen. Bereits vier Wochen später juckte es in seinen Händen gewaltig. Der Weg zum Training beim MTV Rohrsen war fast eine logische Folge. Zumal mit seinem China-Besucher Vincent Voigt sowie Sönke Koß, Jan Koß und Stefan Kunze vier alte Bekannte beim MTV angeheuert hatten. Für Spielertrainer Sönke Koß ist sein ehemaliger Mitstreiter aus Emmerthaler Zeiten natürlich eine echte Verstärkung. „Lars hat nichts verlernt. Der hat richtig Spaß, wenn er auf der rechten Angriffsseite Gas geben kann.“ In Rohrsen spielt der wurfgewaltige Rückraumspieler künftig aber nicht nur aus Spaß. „Wenn ich spiele, will ich auch gewinnen“, lautet trotz der dreijährigen Pause immer noch sein Motto.
„In der Ruhe liegt die Kraft“ sollen die chinesischen Schriftzeichen auf dem Tuch an der Wand ausdrücken – doch beim MTV Rohrsen will es Lars Knoke nach drei Jahren Handball-Abstinenz wieder einmal richtig krachen lassen.
Foto: haje
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