„Ein Loch ist im Eimer, Karl-Otto, Karl-Otto, ein Loch ist im Eimer, Karl-Otto, ein Loch.“ – Ich fand das Lied furchtbar, selbst in der Version des Medium Terzetts, aber wenn ich zum Gewächshaus gehe, das seine besten Tage hinter sich hat, muss ich dennoch daran denken. Kein Loch ist im Eimer, sondern im Dach.
Die Kunststoffscheibe habe ich viele Male neu eingeklebt, und ich fürchte, dass mit jeder nächsten Reparatur die Anschaffung eines komplett neuen Gewächshauses immer unwahrscheinlicher wird, weil ein Provisorium länger hält als das Original. Zahnärzte wissen, wovon ich spreche.
Viele Jahre steht das Häuschen aus Kunststoff unverrückbar im Südwesten des Gartens. Nichts davon ist aus Holz, nichts davon aus Eisen. Allein die billigen Aluschienen, die die Fensterreihen miteinander verbinden und den Sockel begründen, mögen etwas widerstandsfähiger sein gegen die Unbilden des Wetters und der Zeit. Als ich das Haus aufbaute – genau genommen habe ich es nicht gebaut, sondern die Teile nach dem Konstruktionsplan einfach nur ineinandergesteckt –, sah ich es als Übergangslösung an.
Dieses billige Teil sollte drei, vier Jahre halten, sollte den Weg ebnen zu einer filigraneren Art der Pflanzenanzucht und des Gemüsegärtnerns. An Überwinterung von Pflanzen im Kalthaus, die dort zwar unbeheizt, aber immerhin doch geschützt vor eisigen, austrocknenden Winden stehen, dachte ich damals nicht. Das kam erst mit der Zeit, als ich merkte, dass die Plexiglasfenster viel zu dünn sind, um irgendeine Kälte abzuhalten.
Ich stellte Kerzen hinein; es sah aus wie ein Schrein für Blumen, die dann doch starben. Manchmal brannte ein Dutzend Flammen und mehr, aber die Wärme verpuffte. Egal, dachte ich, das Ding steht hier nicht ewig, eine Verbesserung wird bald kommen.
Aus den geplanten drei bis fünf Jahren sind fünfzehn geworden oder ich weiß nicht wie viele. Zwischendurch war die Tür aus den Angeln gefallen. Ein Freund hat‘s repariert. Wenigstens geschah es im Sommer; die ausgebrochene Pforte klemmte ich übergangsweise nur so in die Öffnung. Es sah armselig aus. Nach einigen Wochen konnte ich den Anblick nicht mehr ertragen und ließ den Mangel beheben.
Nun das Fenster. Wieder und wieder von der Hitze des Sommers und der Kälte des Winters herausgelöst. So ein Kleber hält den Witterungsprozessen nicht ewig stand, das ist klar, aber mittlerweile mache ich mich jedes Jahr ans Werk. Immer so im Januar, mal sehen, wann jetzt, noch hält‘s bombig gut. Es mag am Klebstoff liegen, ich probierte schon viele aus und ging manchen auf den Leim. Der, den ich beim letzten Mal nahm, ist ein Spezialadhäsionsstoff, der normalerweise für Gummis in Autotüren verwendet wird. Der Wert der Tube übersteigt vermutlich den Restwert des Treibhauses um ein Vielfaches. Na und? Es hält.
Langsam fange ich an, den alten Kasten wirklich gerne zu haben. Weil er seinen Zweck ja schon irgendwie erfüllt. Es kommt mir vor, als ob meine Bindung zu diesem Häuschen fester wird, je öfter ich so einen Kleber bemühe, um das Dachfenster dicht zu kriegen. Es ist zu einer persönlichen Challenge geworden. Und entscheidend ist ja nicht, wie das Gebäude aussieht, sondern was daraus erwächst. Und das ist noch immer gut gewesen!
Jens F. Meyer
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