Hameln. Wenn alle Räder gut geölt ineinandergreifen, dann läuft es rund – nicht nur bei den Schiffsgetrieben des heimischen Herstellers Reintjes, sondern auch in der Verwaltungsmaschinerie einer Stadt wie Hameln. Doch die Mitarbeiter im Rathaus und die Lokalpolitiker haben mit manchen Hakeleien zu kämpfen. Sie müssen entscheiden: Was soll erreicht werden? Wo soll es langgehen? Und vor allem: Reicht das Geld dafür aus? Um den Kurs für die nächsten 15 Jahre abzustecken, gibt Oberbürgermeister Claudio Griese den Bürgern, die mit ihm im Boot sitzen, nun die Chance, sich direkt zu beteiligen. Die richtungsweisenden Beschlüsse für die Zukunft Hamelns sollen nicht von der Brücke herab verkündet, sondern im Dialog erarbeitet werden. Das Treffen gestern Abend in einer Produktionshalle von Reintjes war dazu der Auftakt. Mit 170 Teilnehmern war die Resonanz groß; viele der Gäste waren aber Repräsentanten aus der Politik und Verwaltung, aus der Wirtschaft und von Verbänden und Vereinen.
Schnell wurde klar: Mangels ausreichendem Schmierstoff knirscht es im Getriebe der Kommunen – und von mancher Seite wird auch noch Sand hineingestreut. Dabei kann eine Stadt ohne genügend Geld kaum Zukunftsträchtiges erreichen, vielmehr vergrößern sich die Probleme. Marc Hansmann, Finanzchef der Stadt Hannover, warb deshalb als Impulsgeber des Abends dafür, die kommunalen Haushalte unbedingt zu sanieren. „Wir müssen konsolidieren, um investieren zu können.“ Dazu müsse sich einerseits der Bund stärker an den Sozialausgaben beteiligen und die Städte und Gemeinden bei den Flüchtlingskosten entlasten, andererseits sollten die Kommunen ihre „Ertragsmöglichkeiten ausschöpfen“. Hansmann plädierte für die Anhebung der Grund- und der Gewerbesteuer: „Das muss man offensiv betreiben“ – Hamelns Oberbürgermeister Claudio Griese sah sich damit bestätigt. Zugleich mahnte der Hannoveraner, gewonnene finanzielle Spielräume nicht dafür zu nutzen, „Prestigeobjekte zu bezahlen“. Das Geld müsse in die Infrastruktur fließen. Und damit meint der Fachmann nicht nur Verkehrswege, sondern vor allem die Schulen. Denn er attestierte Deutschland eine „Bildungsarmut“ – mit gravierenden Folgen für die städtischen Finanzen. „In Hannover waren die Investitionen 1973 dreimal so hoch wie die Sozialausgaben. Heute sind die Sozialausgaben viermal so hoch wie die Investitionen.“ Hansmanns Hoffnung: durch gute Schulen und eine effektivere Bildungspolitik die Zahl der Langzeitarbeitslosen zu senken und dadurch Geld für die Gestaltung der Städte zu gewinnen. Die ehrenamtlichen Lokalpolitiker sieht der Kämmerer beim Sparen „meist überfordert“, er bescheinigt ihnen sogar eine „organisierte Verantwortungslosigkeit“. Haushaltskonsolidierung erscheine gegenüber dem Wähler eben nicht sexy, bedauert er.
Griese verwies auf die deutlich reduzierten Liquiditätskredite in Hameln. Die Stadt sei „nicht überschuldet“, habe also Spielräume, Investitionen über langfristige Kredite zu finanzieren. Jan Arning von Niedersächsischen Städtetag machte jedoch auf eine Gefahr aufmerksam: Wenn der Landkreis wegen seiner Geldknappheit die Kreisumlage erhöht, „könnte das den Kommunen die Möglichkeit nehmen, sich zu entwickeln“. Die Stadt Hameln trägt 44 Prozent dieser Umlage.
Das nächste Treffen „Stadt mit Zukunft“ – dann zum Thema „Wirtschaft“ – findet am 13. Januar beim Waggonbauer Kaminski statt.
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