Ach, was sind wir stolz, wenn uns zum Abschluss eines Abends beim Lieblings-Italiener noch ein „due espressi“ fehlerfrei über die Lippen strömt - auch wenn es in Italien schlicht „due café“ heißen würde.
Und das im eigenen Land, wo wir doch eigentlich zwei Espresso bestellen könnten. Keinem Franzosen würde es je einfallen, ein deutsches Wort auch deutsch auszusprechen. Da wird aus unserem Wagner - dem späteren Bayreuther mit den Festspielen - bedenkenlos ein „Waschner“, Betonung auf der letzten Silbe und aus dem Salzburger Wolferl ein „Mosar“, ebenfalls hinten betont. Bei meiner Nichte in Paris musste ich viel Fantasie aufbringen, um „Titlief“ als Titus Livius zu entziffern, mit dem sie sich damals in der Schule herumschlagen musste.
Umso erstaunlicher, dass das klassisch-französische „Boeuf à la mode“ - unter Napoleons Besatzung mit in die Alpentäler eingezogen, hier nun, bajuwarisiert, als „Böfflamott“ Heimatrecht besitzt. Ein schlichter Rinderbraten - früher sogar mit Speck gespickt, weil halt alles gespickt wurde - mit dicker Sauce auf Bechamel-Basis. Eine „Einbrenn“ halt. Seit Erfindung der Nouvelle Cuisine auf Neudeutsch ein „No go!“ Aber so was von!
Alfons Schuhbeck, der michelinbesternte Urbayer, hatte es schon auf der Karte, als er noch in seinem „Kurhausstüberl“ in Waging am Herd stand. Und weil sich die Erde nun mal weiterdreht und wir uns mit ihr, hat er sein Rezept im Laufe der Jahre weiter verfeinert. Fast schon zum Markenzeichen geworden - auch hier beginnt der beliebte Fernsehkoch mit Puderzucker, den er für die Beize in einen Topf siebt, bei milder Hitze leicht karamellisiert und mit einer Flasche kräftigen Rotwein ablöscht. Aufkochen und dann abkühlen lassen. Leider schlägt er das auch für einen Tafelspitz vor, womit die Grundidee des Siedfleisches verloren geht, wenn es vorher angebraten wird. Nur so nebenbei.
1½ Kilo Rinderschulter in ein Gefäß geben und mit der Marinade bedeckt, 3 - 6 Tage an einem kühlen Ort marinieren. Immer wieder mal wenden. Für den Braten 100 g Knollensellerie, vier mittelgroße Zwiebeln, 80 g Möhren schälen und grob würfeln. Das Fleisch aus dem Topf nehmen und trocken tupfen. Die Marinade in einem Sautoir (mit schrägen Wänden) oder einer weiten Pfanne auf ein Drittel einkochen. Dabei immer wieder mit einer Schaumkelle abschöpfen.
Die Rinderschulter in Öl bei milder Hitze rundherum bräunen und aus dem Topf nehmen, in dem jetzt ein EL Tomatenmark verrührt wird. Kurz anschwitzen und mit 2 EL Cognac ablöschen. Die Beize und 1/2 Liter Geflügelbrühe dazugießen. Warum Geflügelbrühe und keine vom Rind - vermutlich stand sie halt gerade daneben. In jedem Fall wieder das Fleisch einlegen und das vorbereitete Wurzelgemüse dazugeben. Rund drei Stunden bei geschlossenem Deckel ziehen lassen, bis es weich ist. Bekannt auch als Gewürz-Papst, kommen bei Schuhbeck etwa 20 Minuten vor Garende je 1/2 TL Piment-Körner und Pfeffer sowie zwei Zacken Sternanis und 1 cm Zimtrinde in den Topf. Dazu fünf angedrückte Wacholderbeeren, 1 Lorbeerblatt, 1/2 Knoblauchzehe, zwei Scheiben Ingwer sowie je ein Streifen Zitronen- und Orangen-Schale. Unbedingt abschmecken, weil auch Gewürze unterschiedlich intensiv sein können, was sich jetzt aber noch korrigieren lässt. In jedem Fall aber Gelegenheit, mit Familie oder Gästen am Tisch das Spiel „Ich schmecke was, was Du nicht schmeckst“zu spielen.
Fleisch aus dem Schmorsud nehmen, warm stellen und die Flüssigkeit durch ein Sieb in einen Topf gießen, dabei das Gemüse leicht ausdrücken und die Sauce etwas einkochen lassen. Zwei TL Puderzucker in eine Pfanne sieben und bei milder Hitze hell karamellisieren, mit 50 ml Rotweinessig ablöschen und sirupartig einkochen. 40 Gramm eiskalte Butterstückchen einrühren und die Sauce mit der Essig-Reduktion, Salz, Zucker und Cayennepfeffer abschmecken. Das Fleisch in Scheiben schneiden, anrichten und mit der Sauce überziehen. Dazu Semmelknödel und als Gemüse Rahm-Wirsing, der sich in dem Fall „Wirsching“ ausspricht.