Wenn Sie in diesen schwierigen Zeiten auf der Suche nach lockerer Unterhaltung sind, liebe Leserin, lieber Leser, will ich Sie nicht enttäuschen. Kennen Sie den hier: „Alle Kinder spielen im Garten – nur nicht Mona, die hat Corona“. So, das war´s. Lustiger wird es nicht mehr. Mir ist das Lachen nämlich vergangen – und schuld daran ist ausdrücklich nicht in erster Linie Corona.
Damit kein falscher Eindruck entsteht (Verharmlosung ist nach Panikmache der zweitschwerste Vorwurf, den man Journalisten in Zusammenhang mit Virusinfektionen machen kann): Eine Epidemie, die mindestens auf der Schwelle zur Pandemie steht, muss man grundsätzlich ernst nehmen.
Vor allem, weil gebrechliche und unter Vorerkrankungen leidende Menschen vor einer Infektion geschützt werden müssen. Und weil unser Gesundheitssystem auch ohne Corona einem dauerhaften Stresstest ausgesetzt ist. Kliniken und Praxen konnten sich bereits vor dem Auftreten des neuen Virus nicht über Langeweile beschweren. Nicht zuletzt stellen der Erreger beziehungsweise die Maßnahmen, die gegen seine Ausbreitung ergriffen werden, auch eine wirtschaftliche Bedrohung dar. All das sind tatsächlich gute Gründe, über Corona nicht nur nicht zu scherzen, sondern durch das Befolgen simpler Verhaltensregeln einen eigenen Beitrag im Kampf gegen das Virus zu leisten.
Damit wären wir auch schon beim Kern des Pudels: Klopapier. Verzeihen Sie mir, wenn ich an dieser Stelle einen sarkastischen Scherz nicht unterdrücken konnte. Aber ich bitte Sie: Klopapier?! Für den Fall, dass Sie, liebe Leserin, lieber Leser, auch außerhalb von Krisenzeiten mehr als eine Packung „Superflausch 3-lagig“ zuhause bunkern und deshalb nicht wöchentlich ihren Einkaufswagen damit verstopfen müssen, kläre ich Sie gerne auf: Dank Corona ist Klopapier zu einem knappen Gut geworden. Die Supermärkte sind leergekauft.
Es muss also Menschen geben, die sich vor nichts mehr fürchten als davor, unter Quarantäne das letzte Blatt von der letzten Rolle zu zupfen. Unbestätigte Gerüchte über Engpässe beim Nachschub von Dosenravioli zeugen außerdem davon, was ein Teil der Deutschen unter gesunder Ernährung versteht. Auch über diese skurrilen Auswüchse könnte man noch lachen – wären sie nicht Symptome eines Phänomens, das mir tatsächlich Sorgenfalten auf die Stirn treibt: Der erste deutsche Corona-Tote heißt „Vernunft“.
Äußerungen von Experten, auf deren Rat man sich noch vor wenigen Wochen blind verlassen hat, werden plötzlich nicht nur überhört, sondern buchstäblich ins Gegenteil verkehrt. Frei nach dem Motto „Denken Sie jetzt nicht an einen rosa Elefanten“. So löst die gebetsmühlenartige Wiederholung der Aussage, Atemmasken böten KEINEN Schutz vor Ansteckung und eine Desinfektion der Hände sei für gesunde Menschen NICHT notwendig, bei vielen Zeitgenossen den unwiderstehlichen Drang aus, sich auf direktem Weg in die nächste Apotheke zu begeben.
Wird man dort nicht fündig und ist auch nicht bereit, für weitgehend sinnlose „Schutzmaßnahmen“ die horrenden Summen zu zahlen, die windige Geschäftemacher im Internet aufrufen, setzt der Verstand bei einigen Menschen offenbar komplett aus. Seit Tagen vermelden Mitarbeiter von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen über soziale Medien den Diebstahl von Sterilium-Spendern und Gesichtsmasken.
Und hier hört der Spaß dann mal endgültig auf. Für so ein Verhalten gibt es eine Bezeichnung, die ich eigentlich nicht verwende und die sich aus einem fettgedruckten A und dem schönen Wort „sozial“ zusammensetzt. In diesem Fall scheint sie mir ausnahmsweise angebracht. Wer anderen – Kranken und Alten – den für sie TATSÄCHLICH überlebenswichtigen Schutz entzieht, nur um sich selbst gemütlich in Schein-Sicherheit zu wiegen, stellt höchstpersönlich ein Gesundheitsrisiko dar.
Für mich die bitterste Erkenntnis, seit es Corona gibt: Um Menschen in Gefahr zu bringen, braucht es keine exotischen Viren. Egoismus und Unvernunft reichen dafür völlig aus.
In diesem Sinne, liebe Leserin, lieber Leser, wünsche ich Ihnen für die kommenden Wochen vor allem Gesundheit und einen kühlen Kopf.