Herbstbeginn – auch schon wieder ein paar Tage her. „Eins zwei drei im Sauseschritt“, wie es bei Busch heißt und Herbstblues für die einen, die jetzt Kerzen anzünden, wenn es immer früher dunkel wird und Schuberts „Winterreise“ auflegen – „... und sein kleiner Teller bleibt ihm immer leer“. Für den Rest der Menschheit aber ist jetzt die goldene Herbsteszeit angebrochen. Erntezeit für Äpfel, die so symbolträchtige Frucht, dass wir ganz unparadiesisch „jenseits von Eden“ im Schweiße unseres Angesichts Brot und Brötchen verdienen sollen. Weniger dramatisch als zutiefst traurig die Klage eines hitzigen Neapolitaners im regenreich kühlen England: „Wie kann man lieben in einem Land, dessen einzige reife Frucht gekochte Äpfel sind.“ Allerdings, ganz so schlimm kann es nicht sein – Boris Johnson musste erst kürzlich Inventar bei seinem Nachwuchs machen.
Fridericus Rex, unser Vorzeige-Preuße, bekannte einmal „ich habe meinen Beruf verfehlt, ich war zum Spalier geboren“. Voll Stolz zeigte er dem französischen Gast Mirabeau seine Birnenspaliere in „Sanssouci“ mit seinen Züchtungen „Téton de Vénus“, was etwa für Venusbusen steht und seine „Cuisse de Madame“, also Damenschenkel. Dabei hatte er es gar nicht so mit den Frauenzimmern. Und hätte er nicht die Kaiserinnen Maria Theresia und Elisabeth, Zarin von Russland, sowie die mächtige Pompadour aus Frankreich spöttisch als Unterröcke-Fraktion verärgert, er hätte sich und seinem Land viele Jahre Krieg ersparen können.
Sei’s drum: Letzte Gelegenheit, noch einmal die Einmachgläser zum Einsatz zu bringen. Wenn auch Rhabarber im Frühjahr am besten schmeckt – eingekocht und eingeweckt sollte er noch eine Chance bekommen. Eineinhalb Kilo Rhabarber, die noch so im Garten herumlümmelten und ebenso viel Einmachzucker bereitstellen, dazu einen halben Liter Weißwein und eine schöne Zitrone.
Den Zucker mit dem Weißwein gut zehn bis 15 Minuten köcheln lassen, bis er Fäden zieht. Immer wieder sorgfältig abschäumen und den geschälten, in zentimeterlange Stücke geschnittenen Rhabarber dazugeben. Auf mäßiger Hitze 25 Minuten köcheln. Nicht zerkochen – nur bis er glasig und weich ist. Mehrmals abschäumen und den Saft einer großen – oder von zwei kleinen Zitronen samt abgeriebener Schale dazufügen. Wenn ein Tropfen davon auf einem kalten Teller erstarrt, ohne die Form zu verlieren, kochend heiß in Weck- oder Schraubgläser füllen. Völlig erkalten lassen. Am nächsten Tag 15 Minuten lang bei 90 Grad sterilisieren.
Ein besonderes Schmankerl, das vor allem im Herbst und Winter für Glücksmomente sorgt – und das schon vor über 70 Jahren, als Orangen nur ganz selten auf den Tisch kamen. Und klar doch: alles verwendet wurde. Also auch die Schalen. Da genügen schon 500 Gramm davon, die samt weißem Tuff in Streifen geschnitten und von Wasser bedeckt, 15 Minuten lang geköchelt werden. Auf ein Sieb geben, abtropfen lassen und dann in einer Schale mit kaltem Wasser übergießen. Zwei Stunden zur Seite stellen.
500 Gramm Würfelzucker in einem halben Liter Wasser aufkochen, bis es Fäden zieht. Die Schalen sorgfältig ausdrücken, zum Sirup geben und eine halbe Stunde lang sanft köcheln, bis sie weich und glasig sind. Herausheben, gut abtropfen lassen, in Kristallzucker rollen und über Nacht auf einem Kuchengitter gut trocknen lassen. In Gläsern verschlossen aufbewahren, Nur auf eines achten: die kandierten Orangenschalen dürfen weder zu feucht noch zu trocken sein, weil sie sonst klebrig oder hart werden.
Konfekt vom Feinsten, dieser Knabberspaß vom eigenen Herd, auch klein geschnitten im Kuchenteig, in dem auch der in Milch aufgelöste Sirup noch Verwendung findet und Geschmacksträger spielen darf.
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