DETMOLD. Schicke Fahrzeuge, schicker Preis – da lässt sich mancher Auto-Enthusiast gerne überzeugen, zuzugreifen. Nur leider gibt es auch Autohändler, die ihr Geschäftsmodell darauf aufbauen, dass die Kunden sich vom ersten Eindruck des Autos blenden lassen.
In Detmold stehen jetzt zwei Männer vor Gericht, die massiv beschädigte Pkw als unfallfrei verkauft haben sollen.
Über ein Autohaus in Löhne, später in Lage (Kreis Lippe) sollen die beiden Angeklagten 2016 und 2017 drei Fahrzeuge an Kunden verkauft haben, die längst nicht hielten, was sie versprachen. Ein Mercedes GLK 350, den ein Privatmann am Firmensitz in Löhne für 31 300 Euro erstand, soll einen schweren Unfall gehabt haben, sodass er tatsächlich nur noch knapp 20 000 Euro wert gewesen wäre – allein eine fachgerechte Hinterachsreparatur hätte laut Staatsanwaltschaft 4500 Euro gekostet.
In Lage brachte das Duo im Januar 2017 einen Audi Q5 für 26 500 Euro an den Mann, der angeblich nur einen leichten Unfallschaden erlitten hatte. Das Auto soll aber lediglich noch einen Verkaufswert von knapp 10 000 Euro gehabt haben, denn die nötigen Reparaturen, um das SUV verkehrssicher zu machen, summierten sich auf 12 300 Euro. So seien etwa die Bremsleitungen nur notdürftig geflickt worden und hätten nicht den Sicherheitsanforderungen entsprochen.
Mit einem Mercedes SLS AMG verkaufte das Duo im März 2017 einen recht seltenen Supersportwagen – Flügeltüren, 6,3-Liter-Motor mit annähernd 600 PS – zum Preis von 143 000 Euro. Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft war das Geschoss auf vier Rädern jedoch nicht nur nicht unfallfrei, sondern nicht verkehrssicher, außerdem war der Kilometerzähler von 111 000 Kilometer auf 58 000 Kilometer heruntergedreht worden. Tatsächlich soll der SLS lediglich 82 000 Euro wert gewesen sein.
Das Geschäftsmodell des 42-Jährigen aus Vechta und des 31-Jährigen aus Lage, so heißt es in der Anklage, habe darin bestanden, sogenannte Salvage-Fahrzeuge aus den USA zu verkaufen: Autos, die einen massiven Unfallschaden erlitten hatten, seien für wenig Geld und mit geringstem Aufwand teils vollkommen unfachmännisch in Litauen wieder zurechtgebastelt worden, sodass die Schäden äußerlich zunächst nicht erkennbar gewesen seien. Sie seien dann – trotz gravierender technischer Mängel – als unfallfrei oder als angeblich fachgerecht instand gesetzt angeboten worden. In den drei Fällen geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der Schaden durch den sogenannten „Mangelunwert“ etwa 120 000 Euro beträgt.
Der Prozess war vorerst beendet worden, nachdem die Anklage verlesen worden war: Zu viele Hürden tun sich auf. Die beiden Angeklagten wollen auf Anraten ihrer Verteidiger zunächst zu allem schweigen. Ein ermittelnder Polizeibeamter aus Bielefeld ist in Urlaub, der Käufer des SLS AMG weilt wohl bis zum Jahreswechsel am anderen Ende der Welt. Dann, so Rechtsanwalt Mario Prigge, stelle sich die Frage, ob nicht alle bei Telefonüberwachungen mitgeschnittenen Gespräche ins Deutsche übersetzt werden müssten. Eine Rolle spielt aus Sicht der Verteidiger auch das Ermittlungsverfahren, das von der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität in Bielefeld gegen die beiden Männer geführt wird: Dort gehe es um Vorwürfe von Steuer- und Zolldelikten sowie um weitere Fahrzeugverkäufe – die jedoch durchaus auch mit den Anklagevorwürfen in Detmold verzahnt sein könnten. Die Detmolder Wirtschaftsstrafkammer will einen neuen Versuch starten, wenn die beiden fehlenden Zeugen verfügbar sind. Der 42-Jährige soll nach Informationen dieser Zeitung bereits im vergangenen Jahr vom Amtsgericht Löhne zu einer Geldstrafe verurteilt worden sein – wegen des Verkaufs eines Ford Mustang nach der Masche, wie sie in Detmold angeklagt ist.
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