Am Samstag gegen 12 Uhr war direkt vor Frieda Dolles Backsteinhaus ein fünfachsiger 40-Tonnen-Lastzug umgekippt. Der mit 20 000 Litern Gärsubstrat beladene Silo-Auflieger prallte gegen eine Hausecke und riss auf. Die zähe schwarze Flüssigkeit flutete den Vorgarten, lief über die Fahrbahn, in Gullyschächte und gelangte so in einen Bach. Die Gärreste aus einer Biogasanlage schwappten auch in einen Keller des schmucken Bauernhauses. „Es stinkt bestialisch“, sagt ein Polizeibeamter. Ein Feuerwehrmann drückt es drastischer aus: „Das ist vielleicht eine Scheiße. Dieser Einsatz stinkt zum Himmel“, meint ein anderer Helfer. „Ja, es ist schon schlimm“, sagt Stephanie Herzfeldt. „Überall im Haus riecht es nach Gülle.“
Der Lkw-Fahrer tue ihr leid. „Der hat das ja nicht mit Absicht gemacht.“ Niemand nehme ihm das übel. Die Unfallursache ist unbekannt. Die Polizei prüft, ob der 23-Jährige aus dem Auetal zu schnell in eine Linkskurve gefahren ist und deshalb die Kontrolle über den 40-Tonner verloren hat. Er habe weder unter Alkohol noch unter Drogen gestanden, hieß es. Obwohl die Zugmaschine gegen einen Laternenmast geprallt ist, sei der junge Mann glücklicherweise unverletzt geblieben, hieß es. Er habe sich selbst aus dem beschädigten Führerhaus befreien können. Was Stephanie Herzfeldt bei all dem Ärger freut: „Ganz viele Leute aus dem Dorf sind mit Schaufeln und Besen zu uns gekommen und haben uns ihre Hilfe angeboten. Das ist schon toll.“ Wie viel von der pechschwarzen Masse in das Haus gelaufen ist, vermag noch niemand zu sagen. Stadtbrandmeister Carsten Koch schätzt, dass es 2000 Liter waren. „5000 Liter werden es wohl sein“, meint dagegen Bergungsspezialist Andreas Schmidt aus Eimbeckhausen. Fakt ist: 20 000 Liter waren im Tank. Jetzt ist er leer. Mit einem 80-Tonnen-Kran, einem großen Schlepper, einem Rüstwagen mit Hebegeschirr und einem Ölreinigungsfahrzeug ist der Kfz-Meister zum Unfallort geeilt. „Der Havarist lag auf der rechten Seite. Wir haben zwei Seilwinden angeschlagen. Jede hat 30 Tonnen Zugkraft. Damit konnten wir ziehen. Parallel dazu hat unser Autokran den Lastzug angehoben. Alles hat wie am Schnürchen geklappt“, sagt Schmidt zufrieden. Nach zweieinhalb Stunden stand der demolierte Silozug wieder auf seinen zwölf Rädern.
Feuerwehrleute aus Eimbeckhausen hatten schon kurz nach dem Unfall Gullyschächte und eine Rohrleitung des Baches abgedichtet. „Wir haben Erde und Gehwegplatten, aber auch Dichtkissen benutzt“, sagt Carsten Koch. Das Gärsubstrat wurde mit Wasser verdünnt und in eine zuvor mit einem Minibagger gegrabene Vertiefung geleitet. Mit Gülle-Saugwagen wurde die Flüssigkeit abgepumpt. Auch eine Kehrmaschine und Hochdrucklanzen kamen zum Einsatz.“ 35 000 bis 40 000 Liter Wasser wurden eingesetzt, um die übel riechende Pampe wegzuspritzen und die Kanäle zu spülen. Mit einem sogenannten Hochdruck-Nass-Verfahren sei der Asphalt zum Schluss porentief gereinigt worden, erzählt Schmidt. „Wir haben für solche Fälle ein Sonderfahrzeug in unserer Flotte“, sagt der 53-Jährige.
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