Von Brigitte Niemeyer
Hameln. Für fünf Millionen Euro ist die Neugestaltung der Hamelner Fußgängerzone nicht zu haben. Ganz gleich, welche Variante des Pflasters für Oster- und Bäckerstraße der Rat am Mittwoch beschließt: Er kommt gar nicht darum herum, den sich selbst auferlegten Kostenrahmen zu sprengen, weil schon die billigste Ausführung komplett in Betonstein 5,205 Millionen Euro kosten würde. Für ein hochwertiges Natursteinpflaster, wie es jetzt schon rund um Hochzeitshaus und Pferdemarkt liegt, müsste die Stadt 5,66 Millionen Euro in die Hand nehmen. Um nicht mehr und nicht weniger als die einmalige Investition des Differenzbetrages von 455 000 Euro geht es also, wenn die Fraktionen über das Erscheinungsbild der Hamelner Innenstadt in den nächsten 30, 40 Jahren entscheiden.
455 000 Euro sind angesichts der angespannten Finanzlage kein Pappenstil – aber bei einem Gesamthaushalt von 100 Millionen Euro auch kein Betrag, bei dem einem der Atem stocken müsste. Außerdem relativiert sich die Summe im Vergleich zu anderen Ausgaben, die Hameln sich leistet und die es ohne die Zustimmung der Politiker so nicht gäbe oder gegeben hätte. An guten und manchmal auch weniger guten Begründungen hat es nie gefehlt, wenn die gewählten Vertreter bei der Verteilung des knappen Geldes Schwerpunkte setzten. Vor diesem Hintergrund müssen sie sich Mittwoch die Frage beantworten, wie viel ihnen die historische Altstadt als das Aushängeschild Hamelns schlechthin tatsächlich wert ist.
Um die einmaligen Kosten für die Erneuerung eines so zentralen Ortes der Begegnung wie die Fußgängerzone wird mehr gestritten als um so manche Ausgabe, von der nur eine vergleichsweise kleine Fangemeinde profitiert und die die Politik trotzdem Jahr für Jahr ohne große Bauchschmerzen durchwinkt. Wie etwa 133 000 für die Unterhaltung der Dorfgemeinschaftshäuser, die nur stundensweise und dann auch nur von einer Minderheit genutzt werden. Würde man sich von diesen Einrichtungen trennen, hätte man die Mehrkosten für ein Natursteinpflaster in drei Jahren und zwei Monaten wieder raus. In der „Sparserie“ der Dewezet auch schon angeprangert: die mit einem jährlichen Zuschuss von rund 800 000 Euro finanziell üppig ausgestattete Stadtbücherei. Vergleichbare Städte kommen mit 200 000 Euro weniger im Jahr aus. Würden Hamelns Politiker die Bibliothek auf deren Level gesundschrumpfen, wäre das Geld für den Granit in wenig mehr als zwei Jahren zusammen.
240 000 Euro lässt sich die Politik Jahr für Jahr die neun Ortsräte mit 103 Mandatsträgern kosten, obwohl es auch bescheidener ginge. Eine Verkleinerung um ein Drittel täte der Demokratie keinen Abbruch, brächte innerhalb einer Ratsperiode aber fast so viel an Einsparungen, dass damit die Mehrkosten für die Fußgängerzone aufgefangen werden könnten. Könnte sich der Rat dazu durchringen, die eigenen Reihen von derzeit 43 Mitgliedern auf die gesetzlich vorgeschriebene Mindeststärke von 37 Abgeordneten abzuspecken, wären jedes Jahr 43 000 Euro mehr in der Kasse. In zehn Jahre wären 455 000 Euro so gut wie bezahlt. Und knapste die Politik von dem 500 000-Euro-Zuschuss, den sie der Jugendmusikschule jedes Jahr gewährt, den gleichen Betrag ab, wäre das Geld schon in vier Jahren vorhanden.
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